Schikane

Gestern schon wieder von einer der wachhabenden Ausgangskontrolleurinnen nach dem Ausweis beim Verlassen der Bibliothek gefragt worden.

Meine neue Technik: einfach ignorieren. Wieso sollte ich meinen Ausweis beim Rausgehen zeigen? Nur weil einige andere Besucher dazu tendieren, ihre Ausweise an ihren Arbeitsplätzen liegen zu lassen?

Email von der Stabi!

Juchuuuu! Emails von der Stabi sind immer ganz besondere Highlights des Tages! Heute gab es folgendes zu lesen:

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

das von Ihnen vorbestellte Medium liegt in der Staatsbibliothek für Sie bereit.

Klar, man weiss erstmal nicht, um welches Buch es sich handelt, denn in der Email steht ja nur die Signatur des Mediums. Wäre doch wohl auch zu viel verlangt, daß man Ausleihsystem und Bibliothekskatalog miteinander verbindet, oder? Aber geduldig wie man nun einmal als Stabinutzer zu sein hat, öffnet man kurzer hand ein neues Browserfenster, klickt sich zum Onlinekatalog durch, und gibt die in der Email genannte Signatur in das Suchfenster ein. Danach verbringt man ca. 2 Minuten damit, die richte Signatur zu finden, denn auch wenn man die Signatur genau so eingibt, wie in der Email angegeben, man kommt fast nie direkt zu dem Buch, das sich hinter dieser Nummer versteckt… Es muss wirklich schwer sein, eine halbwegs kompetente IT Abteilung zu finden….

[Und bevor mir jetzt irgendein Schlaumeier erzählt, dass wegen der Kriegsverluste und der deutschen Teilung immer noch nicht alle Bände der Stabi elektronisch katalogisiert sind und deshalb Katalog und Bestellsystem getrennt sind, stelle ich einfach mal in den Raum, dass das alles faule Ausreden sind. Andere Bibliotheken schaffen es bei weit größeren Beständen und kleineren Budgets auch, die Bestände in den Onlinekatalog aufzunehmen.]

Weiter im Text: Toll!!! Da freu ich mich, scheint doch mit der Bestellung diesmal sogar alles geklappt zu haben! … Man bekommt diese Art emails ja relativ häufig, und es ist einfach genial, wie gut die Stabi die moderne Technik beherrscht. Kaum sind die Bücher bestellt, liegen sie auch schon 20 Stunden später abholbereit im „Buchabholbereich“ (klasse Wort!) der Potsdamer Straße bereit. Dort sind die Medien dann „abzuholen“.

Kommt dann die geplagte Stabiseele bei den Buchabholausgabestelleverwaltungsbereichsregalen an, wird man oft herbe enttäuscht! Kein Buch, kein Medium, nicht mal ein netter Zettel auf dem die noch netteren Beamten des Magazins etwaige Fehler des Benutzers in kryptischen Zeichen vermerken. Nein… gähnende Leere….. nichts …. nada …… [ ]

Da fragt man sich doch, wozu eigentlich die Email versendet wird, wenn doch nichts im Regal liegt? Nachdem mir dieses Theater nun schon mindestens 30 Mal passiert ist, werde ich beim nächsten Mal einen solchen Aufstand machen, bis die Direktorin der Benutzungsabteilung, Frau Lülfing höchstpersönlich, im Buchabholbereich erscheint und mir erklärt, warum diese ach so großartige Bibliothek nicht in der Lage ist, die einfachsten Ausleihvorgänge so zu gestalten, dass man als Benutzer nicht ständig umsonst von Haus zu Haus pendelt. Zeit ist Geld. Und Nerven sind unbezahlbar.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Daten sichern

+ + + Zur Zeit keine elektronische Bestellung möglich + + +
Datensicherung

Liebe Benutzerinnen und Benutzer!

Alle Funktionen des Ausleihsystems über Internet stehen von 0:00 Uhr bis 2:00 Uhr nicht zur Verfügung.
Die Daten werden gesichert.

Aha… und welche Daten werden jetzt hier gesichert? Und warum kann deswegen nicht bestellt werden? Und warum kann nicht gleichzeitig bestellt und gesichert werden?

Die reinste Schikane ist es….

dass man heute schon ab 21 Uhr nicht mehr bestellen kann… Es war ja zu befürchten, morgen ist ja schliesslich Feiertag. Da rechnet der geplagte Stabinutzer nun ja schon mit einer Bestellblockade. Dass diese aber nun schon einen Tag früher beginnt ist die Höhe!

Zurzeit keine elektronische Bestellung möglich

Samstagabende sind geradezu ideale Arbeitsabende. Die Stabi macht samstags ja sowieso schon früher zu, sonntags steht man für gewöhnlich nicht zu früh auf und das Telefon steht still, weil Verwandte und Freunde entweder fernsehen oder das Nachtleben unsicher machen. Ideale Arbeitsbedingungen also für eine gemütliche Lesesession in der eigenen Wohnung. Beim Lesen der in der heimischen Sammlung stehenden Bände stösst man früher oder später ganz sicher auf einen interessanten Literaturhinweis. Diesen bei der Staatsbibliothek zu bestellen, eilt man zum Computer, startet den Browser und begibt sich auf die Seite des von allen geliebten Stabikats. In den unendlichen Weiten der Sammlung findet man auch tatsächlich das benötigte Buch und klickt freudig erregt auf den Bestellknopf! Doch, ach, wie ist die Enttäuschung groß, wenn daraufhin folgende Meldung auf dem Bidschirm erscheint:

Liebe Benutzerinnen und Benutzer!

Um Ihnen trotz des gestiegenen Bestellaufkommens auch zu Wochenbeginn eine rasche und verlässliche Bearbeitung Ihrer Bereitstellungswünsche zu ermöglichen,muss die Staatsbibliothek vorerst die Bestellungen von Literatur per Internet an Sonntagen und Feiertagen einschränken.

Die sonstigen Funktionen des Ausleihsystems, z.B. Verlängerung, bleiben zugänglich.

Samstags ab 19 Uhr bis montags 2 Uhr können daher leider keine Bestellungen per Internet aufgegeben werden.

Wir bitten hierfür um Ihr Verständnis.

Der Leiter der Benutzungsabteilung

Dazu einige Anmerkungen:

1) Die „vorerst“ nötige Einschränkung der Wochenendbestellungen gab es schon vor fast zwei Jahren, als ich das erste Mal mit dem an anderer Stelle noch zu besprechenden Bestellsystem arbeitete. Man wundert sich schon, daß es der Leitung der Benutzungsabteilung in dieser langen Zeit immer noch nicht gelang, das Problem der Überlastung zu beseitigen.

2) Die „rasche und verlässliche Bereitstellung“ der „Bereitstellungswünsche“ mag vielleicht in den Fantasien der Leitung der Benutzungsabteilung existieren, der Alltag eines Benutzers sieht anders aus. Die Bereitstellungsfristen werden länger und länger, bestellte Bände sind „im Geschäftsgang“ oder anderweitig nicht auffindbar. Solche Pannen mögen generell zu verzeihen sein, in einer Bibliothek, die sich auf mehrere Häuser aufteilt, und in der man nur in einem Haus Bände ausleihen kann, ist dies jedoch wirklich eine Zumutung. Benutzer sind ständig zwischen zwei Häusern unterwegs, um bestellte Bücher abzuholen und finden diese dann an der Ausleihe nicht vor. Dabei geht wertvolle Arbeitszeit verloren. So sieht also eine „rasche und verlässliche Bereitstellung“ aus?

Leihen unter Linden?

Das Leihen unter Linden ist leider nicht mehr möglich. Warum eigentlich? Wie von einigen fleißigen Lesern des Stabiblues angemerkt wurde, ist die Entscheidung, zukünftig keine Bücher zur Ausleihe im Haus Unter den Linden mehr zur Verfügung zu stellen, ein Schlag ins Gesicht für viele Benutzer der Bibliothek.

Grundsätzlich geht es darum, die Bibliothek aufzuteilen in ein Gebäude in dem die historischen Bestände (Haus Unter den Linden als Historische Forschungsbibliothek) zur Verfügung gestellt werden sollen, und ein Gebäude in dem die restlichen Bestände benutzt werden können (Haus Potsdamer Straße als Forschungsbibliothek der Moderne). Einen Überblick über die Zukunft des Hauses Unter den Linden findet sich hier.

Dieser Plan ist sicherlich nicht die logischste und beste Lösung für die Probleme der durch die lange Teilung Deutschlands direkt betroffenen Bibliothek, aber wie ein Leser des Stabiblues erklärte, „egal.. ist so.. müssen wir durch!„. Und das sollte eigentlich auch gehen, wenn denn der direkte Zugang zu den Bänden, die für die Arbeit mit den historischen Quellen nötig sind, gewährleistet ist. Das scheint bei einer maximalen Kapazität des Freihandbereichs im Gebäude Unter den Linden von 460 000 Bänden aufs Erste gesichert.

Es beschleichen den geduldigen Benutzer der Staatsbibliothek zu Berlin dann allerdings doch einige Zweifel, ob die Aufteilung in historische und moderne Bestände wirklich gut durchdacht ist. Was geschieht zum Beispiel mit den Beständen der Musik-, Kinder- und Jugendbuchabteilungen? Diese sollen sich den Plänen gemäß auch nach der Renovierung im Haus Unter den Linden befinden. Können die modernen Bestände dieser Abteilungen dann nur im Haus Potsdamer Straße ausgeliehen werden oder wird dies über die Lesesäale der Abteilungen geschehen? Werden im Haus Potsdamer Straße für diese Abteilungen Handbibliotheken im Lesesaal eingerichtet, die für die Benutzung der modernen Bestände dieser Abteilungen unabdingbar sein werden, oder darf man sich als Benutzer dieser Abteilungen darauf einstellen, künftig zu den Stammgästen der Buslinie 200 zu gehören, die die beiden Häuser verbindet?

Sollte es am Ende statt „Leihen unter Linden“ doch nur wieder „Laien unter Linden“ heißen?

Resonanz

An alle Stabiblues Hörer einen herzlichen Dank fürs Vorbeischauen! 1200 Besuche an nur einem Tag. Mit einer so starken Resonanz hätte ich beim besten Willen nicht gerechnet. Aber die Kommentare zeigen, daß sich in der Stabiwelt etwas bewegen könnte. Auf Zuspruch ist das Blog auch bei einigen Bibliothekaren der Stabi gestossen, was mich besonders freut, denn nichts läge mir ferner, als die geschätzten Informationsvermittler für die Situation verantwortlich machen zu wollen.

Einige interessante Themen, die in den Kommentaren diskutiert wurden und auch in naher Zukunft hier in den Artikeln wiederkehren werden sind: Personalmangel, längere Öffnungszeiten, schnellere Bereitstellung von Bänden, und Leitungsstrukturen.

Bleiben Sie also dabei und diskutieren sie eifrig mit. Um mit den Worten von library_man zu sprechen: machen wir Druck!

Ihr Archivar, signing off for 2006.

Das Herz einer Bibliothek …

… sind die Bibliothekare. Um das ausgehende Jahr mit einer versöhnlichen Note enden zu lassen, steht an dieser Stelle ein riesen Lob an die Bibliothekare und Bibliothekarinnen der Staatsbibliothek zu Berlin. Ich treffe jeden Tag auf wahnsinnig kompetente und freundliche Bibliothekare, die ihren Job einfach nur saugut machen. Besonders gerne erninnere ich mich an den freundlichen Herrn X, der mir den originalen ARK zeigte, oder an die kompetenten Mitarbeiterinnen der Spezialabteilungen, die meiner Forschung entscheidende Impulse gegeben haben. Allen Bibliothekaren sei daher eine fröhliche Strophe in Dur des niemals endenden Stabiblues gewidmet.

Vorbilder

Vielleicht sollte sich die Leitung der Staatsbibliothek zu Berlin einmal ein paar Tage frei nehmen und nach Wien fahren. Dort könnte man die Österreichische Nationalbibliothek besuchen und mit der Leiterin Johanna Rachinger sprechen. Die hat in folgendem Beitrag auf oe1 unter anderem über kostenfreies WLAN und LAN in den Lesesäalen, digitalisierte Kataloge und weitere interessante Themen gesprochen.

Besten Dank an Infobib für den Hinweis!

Weihnachtszeit ist Lesezeit

… nicht jedoch für die Benutzer der Staatsbibliothek zu Berlin. Dass eine deutsche Bibliothek zwischen Weihnachten und Neujahr nur sporadisch öffnet, ist ja an sich nichts neues. Die geliebte Stabi schiesst jedoch wieder einmal den Vogel ab. Nicht nur, dass aus unerfindlichem Grund am 30. Dezember wissbegierige Leser vor verschlossenen Türen stehen werden, nein, am 27., 28. und 29. Dezember wird man sogar schon um 17 Uhr aus der Bibliothek geworfen! Damit aber nicht genug: Dreist als Serviceleistung getarnt wird grossspurig angegündig, dass das Bestellsystem der Bibliothek „während der Öffnungszeiten der Bibliothek in vollem Umfang zur Verfügung“ steht. (Siehe „Neues aus der Benutzung„) Wenn es nicht so traurig wäre, müsste man darüber eigentlich lachen, denn im Klartext bedeutet dies: Bücher bestellen können Sie außerhalb der reduzierten Öffnungszeiten überhaupt nicht, ätschibätsch.

Wieder einmal versagt die Benutzungsabteilung der Stabi kläglich, denn wann bestellt die ordinäre Stabi Benutzerin ihre Bücher? Doch nicht während sie in der Bibliothek sitzt und über alten Quellen brütet, sondern zu Hause, abends, bei einer Tasse Tee, vom eigenen Computer aus! Aber an die tapferen Benutzer denkt in der Administration der Staatsbibliothek zu Berlin sowieso niemand. Bücher werden in der Bibliothek verwaltet, nicht zur Verfügung gestellt. Leser stören. Je weniger Service, desto weniger Leser. Je weniger Leser, desto weniger Bestellungen. Je weniger Bestellungen, desto einfacher ist die Verwaltung der Bücher. So einfach ist das.

Schöne Weihnachten!